Samstag, 31. Januar 2009

Gen der Rolando-Epilepsie entdeckt

Die Rolando-Epilepsie, die häufigste Form der Epilepsie im Kindesalter, ist vermutlich Folge einer allgemeinen Entwicklungsstörung des Gehirns. Diesen Schluss legen die Ergebnisse einer internationalen Forschergruppe im European Journal of Human Genetics (2009; doi: 10.1038/ejhg.2008.267) nahe.

Die Rolando-Epilepsie beginnt im Alter von 3 bis 12 Jahren. Die Anfälle setzen typischerweise am Morgen kurz nach dem Aufwachen ein. Die Kinder klagen über eine Parästhesie der Lippe, der Zunge und des Gaumens. Es kommt zu einem perioralen Zucken und einem Verziehen der Lippen und Wangen. Im Anfall können die Kinder nicht schlucken oder sprechen. Es kommt zu starkem Speichelfluss.

Die Rolando-Epilepsie ist in aller Regel gutartig. Im Alter von 12 bis 14 Jahren sind praktisch alle Betroffenen mit und ohne Therapie anfallsfrei. Typisch für die Erkrankung sind zentrotemporale Spikes im EEG.

Wie viele andere Anfallsleiden hat die Rolando-Epilepsie eine starke genetische Komponente, was die Gruppe um Deb Pal von der Columbia Universität in New York zu einer sogenannten genomweiten Linkage-Studie veranlasste, welche zur Entdeckung eines Genorts auf dem Chromosom 11p13 führte.

Dort ist das Gen für den Elongator Protein Complex 4 (ELP4) lokalisiert. ELP4 gehört zu einer Gruppe von übergeordneten Genen, die das Ablesen anderer Gene beeinflussen (transcription regulator). Es wurde selbst noch nicht mit Erkrankungen beim Menschen in Verbindung gebracht, aber eine Reihe der untergeordneten Gene sind als mögliche Ursache von Epilepsien bekannt.

Die Assoziation mit ELP4 ist dennoch eine Überraschung. Eigentlich hatten die Forscher erwartet, auf ein Gen zu stoßen, das die Funktion eines bestimmten Ionenkanals stört, denn hierin wird gemeinhin die Ursache von Epilepsien vermutet.

Die jetzige Entdeckung zeigt, dass die Rolando-Epilepsie keine Erkrankung eines Ionenkanals ist, sondern eher eine Störung der neuronalen Verknüpfungen.

Dies könnte erklären, warum sich die Erkrankung bei den meisten Kindern auswächst. Wenn die Ergebnisse von anderen Studiengruppen bestätigt werden sollten, wird man im nächsten Schritt untersuchen, ob Kinder mit anderen verwandten Entwicklungsstörungen ähnliche genetische Störung haben.

Zu den Störungen gehören die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung, Sprachdyspraxien und entwicklungsbedingte Koordinationsstörungen. Bei diesen Kindern findet man häufig die gleichen EEG-Veränderungen wie bei der Rolando-Epilepsie und der Nachweis der gleichen Gendefekte würde natürlich die Vermutung verstärken, dass es sich um verwandte Erkrankungen handelt

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Abstract der Studie http://www.nature.com/ejhg/journal/vaop/ncurrent/abs/ejhg2008267a.html

Pressemitteilung der Columbia Universität http://www.cumc.columbia.edu/news/press_releases/090128_RolandicEpilepsy.html

DÄ-Artikel Epilepsie im Kindes- und Jugendalter http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?src=suche&id=59870

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